Alles Theater

Alles Theater
Blaue Vögel Figuren Schreiben 0 Kommentare

Es steckt vieles in mir. Dies zu entdecken und zu erforschen, empfinde ich als sehr reizvoll. Nicht zuletzt dieser Reiz war es, der mich zum Amateurtheater gelockt hat. In mehreren Theaterprojekten konnte ich mir unterschiedlichste Rollen erarbeiten und dabei viel über mich lernen. Nun schreibe ich Geschichten und hauche erdachten Figuren das Leben ein. Und genau wie beim Theater schlüpfe ich dazu in diese Figuren und lasse sie lebendig werden.


Ich weiß noch genau, was ich dachte, als mein Regisseur mich vor Jahren ansprach und fragte, ob ich nicht die Mutter im Theaterstück „Amanita“ von Ingo Sax spielen wollte. Ich, eine Mutter? Dazu noch die Mutter einer erwachsenen Tochter, die von ihrem Vater missbraucht worden war? Nichts schien mir ferner zu sein. Aber genau dies machte auch den Reiz dieser Rolle aus. Es wurde eine großartige Erfahrung.

Wenn ich mir die Figur der Mechthild in "Rausgekickt: Blaue Vögel" anschaue, dann könnte sie ebenfalls kaum weiter von mir entfernt sein. Schlimmer noch, sie verkörpert einen Typus Mensch, der mir große Schwierigkeiten bereitet, denn ich bin ein optimistischer Mensch, der gerne mal beherzt nach vorne stürmt. Mechthild dagegen hat vor allem Angst. Aber genau dieser Gegensatz hat mich bei der Figur und seiner Geschichte gereizt. Beim Entwickeln der Geschichte ging es mir, wie es heute vielen Lesern geht. Konnte ich Mechthild zu Beginn gar nicht leiden und hätte ihr am liebsten einen kräftigen Tritt in den Hintern verpasst, hatte ich zum Ende hin immer mehr Verständnis für sie. Mehr noch, die Beschäftigung mit der Figur hat meine Einstellung zu Menschen wie Mechthild grundlegend verändert.

Szene aus Verzauberter April von Matthew Barber nach einer Erzählung von Elizabeth von Arnim
Szene aus Verzauberter April von Matthew Barber nach einer Erzählung von Elizabeth von Arnim
Im Theaterstück „Verzauberter April“ durfte ich Mrs. Clayton Graves verkörpern. Eine mürrische und herrische alte Lady, die ihre Umwelt gerne malträtiert. Es war herrlich, diese Seiten in mir herausarbeiten und ungehemmt ausleben zu können. Nach einigen Aufführungen traf ich Menschen, die das Stück gesehen hatten. Sie fragten mich „Warst Du in dem Stück mit der alten Lady?“ „Ja“, antwortete ich, „ich war die alte Lady.“ Anscheinend war meine Metamorphose zu Mrs. Clayton Graves überzeugend.

Nun arbeite ich intensiv an der Figur der Sabine „Biene“ Hagen in meinem Buchprojekt „Killerin in Grefrath“. Sie ist über zwanzig Jahre jünger als ich und hat Hemmungen aus dem bewährten Trott auszubrechen, obwohl sie sich nach Abenteuer und Abwechslung sehnt. Manchmal möchte ich ihr einfach sagen, was sie tun sollte. Aber so einfach ist es nun mal nicht. Im Theater sieht man sofort, ob ein Schauspieler etwas tut, weil es ihm der Regisseur gesagt hat oder weil die Figur dies in diesem Moment tun will. In einem Roman ist es nicht anders. Ich muss also alles über meine Figur wissen. Warum sie so ist, wie sie ist. Und damit meine ich nicht, weil ich es mir so ausgedacht habe. Bei Mechthild habe ich mich mit einer Psychologin ausgetauscht. Bei Biene arbeite ich noch an diesem Hintergrund. Dazu hole ich, wie bei den Theaterrollen, Dinge aus mir hervor und bringe sie in die Figur ein. Sie wird jeden Tag ein wenig realer und lebendiger. Mittlerweile laufen Szenen aus ihrem Leben vor meinem inneren Auge ab und ich entdecke neue Verhaltensweisen an ihr. Sie ist in mir und ich bin in ihr. Das ist für mich eine der spannendsten Phasen beim Schreiben..

Und sollte zufällig ein Regisseur hier vorbeischauen und noch die Besetzung einer interessanten Rolle suchen. Ich hätte durchaus auch mal wieder Lust auf reales Theater. Einfach melden.

Tote singen selten schief

Tote singen selten schief

Der neue Fall für Biene Hagen

Du möchtest singen und dann ist die Chorvorsitzende tot. Da bleibt nur eines zu tun: Mörder jagen!
Ein heiterer Krimi für alle, die Cosy Crime mögen.

Jetzt überall im Handel

Mehr Lesestoff

Diese Artikel könnten dich interessieren

Sind Engel immer gute Boten?

Sind Engel immer gute Boten?

Die Adventszeit steht bevor. Nun werden wir sie allerorten sehen, die Weihnachtsengel. »Süß«, werden viele sagen. Oder andere auch genervt die Nase rümpfen. Aber letztlich erwarten alle von Engeln nur...

Zum Artikel

Warum meine Buchtitel nicht funktionieren

Warum meine Buchtitel nicht funktionieren

Damit wir uns richtig verstehen: ich finde meine Buchtitel toll. Es liegt ein ausgeklügeltes Konzept dahinter und ich persönlich mag es, wenn ein Titel zum Denken anregt. Gedacht war, dass „...

Zum Artikel

Geistesblitz einer Autorin

Geistesblitz einer Autorin

Zuerst ist der Geistesblitz. Diese eine Idee, aus der man unbedingt eine Geschichte machen muss. Bei mir war es, als auf der Straße plötzlich vor mir ein Traktor einbog und mich zwang, mein Fahrtempo ...

Zum Artikel

Jetzt in matt

Jetzt in matt

Meine Bücher werden bei CreateSpace gedruckt. Dies ist ein Tochterunternehmen von Amazon. Diese Firma sitzt in den USA und das merkt man hier und da. Aber es funktioniert ganz gut.

Zum Artikel

Helden müssen nicht

Helden müssen nicht

Eine Leserin von Rausgekickt: Blaue Vögel fragte mich letztens, warum nirgends in dem Buch stehen würde, wie Mechthild sich die Kontaktlinsen herausnimmt. Ich antwortete ihr, weil es langweilig wäre. ...

Zum Artikel
0 Kommentare Alles Theater
Hinterlasse deinen Kommentar

Keine Geschichte verpassen
Gleich eintragen und ich informiere dich bevorzugt über neue Geschichten und Angebote.