Hoffnung Leben 8 Kommentare
»Schreiben ist meine Leidenschaft.« Diese Aussage lese ich in vielen Autoreninterviews. »Du schreibst doch aus Leidenschaft?«, fragt mich die beste Freundin von allen, wenn ich mal wieder zweifele. Ja, natürlich ist es eine Leidenschaft, Geschichten zu schreiben. Aber wäre es auch auf Dauer eine Leidenschaft, wenn klar wäre, dass die Geschichten nie gelesen würden?
Leidenschaft, ein großes Wort
Wenn ich an Menschen denke, die einer Leidenschaft nachgehen, dann fallen mir große Musiker ein, die von Kindesbeinen an ihr Instrument erobert haben und virtuos jede Facette auszuarbeiten versuchen. Mir fallen Maler ein, die bis zum Exzess daran arbeiten, ihre Gedanken in Bildern auszudrücken. Allesamt sind diese Vorbilder so viel größer als ich, dass es mir fast als Frevel vorkommt, das Wort Leidenschaft in meinem eigenen Kontext zu nutzen. Leidenschaft hat bei diesen Menschen etwas mit Selbstaufgabe zu tun. Damit, alles im Leben dem zu widmen. Und sie macht verletzlich.Leidenschaft entblöst
Wenn ein Mensch einer Leidenschaft frönt, wird er automatisch seine Seele, sein Ich, alles was diesen Menschen ausmacht, in diese Leidenschaft einbringen. Er ist nackt. Aber wer nackt ist, macht sich verletzlich, denn jeder Mantel, der uns sonst schützt, ist verschwunden. Wir alle kennen Beispiele von Menschen, die durch ihre Leidenschaft zerbrochen sind. Nun könnte man das Risiko der Verletzung minimieren, in dem man den Mitmenschen nichts von der eigenen Leidenschaft wissen lässt. Aber geht das überhaupt?Leidenschaft nur für mich?
Es gibt viele Menschen, die Geschichten schreiben, das Geschriebene in Schubladen verschwinden lassen und es nie einem Menschen zeigen aus Angst, verletzt zu werden. Aber macht das glücklich? Ein Thema, das ich in meinen Büchern immer wieder beleuchte. Mir kommt bei dem Gedanken an eine eher zurückgezogen ausgelebte Leidenschaft das Bild eines Briefmarkensammlers in den Sinn, der am Abend in seinem stillen Kämmerlein sitzt, und seine Lieblinge sorgsam sortiert. Oder ich denke an den Landwirt, der mit Leidenschaft daran arbeitet, die leckersten Kartoffeln zu züchten. Beides sind Tätigkeiten, die nicht auf Publikum abzielen, die keine Leser oder Fans nach sich ziehen. Aber sind sie dadurch unabhängig von anderen Menschen?Leidenschaft geht nicht alleine
Wenn der Landwirt denkt, leckere Kartoffeln gezüchtet zu haben, die aber keiner haben möchte, wird er wahrscheinlich irgendwann Blumenkohl züchten oder daran zugrunde gehen. Der Briefmarkensammler hat nur dann Freude an seiner Sammlung, wenn er besondere Stücke in seinen Alben hat. Aber Briefmarken werden nur dadurch besonders, in dem eine Menge von Menschen sie zu etwas Besonderem machen. Also auch, wenn er zu Hause alleine vor sich hin sammelt, ist er dennoch abhängig vom Bild anderer Menschen. Für mich als Autorin ist es ähnlich. Ich kann die meiner Meinung nach tollste Geschichte der Welt geschrieben haben, aber endgültig bestätigt wird diese Meinung nur durch andere Menschen, die meine Meinung teilen. Die Geschichte in der Schublade verschwinden zu lassen und nie einem Menschen davon zu erzählen, würde im Gegenzug bedeuten, die Leidenschaft zu unterdrücken.Leidenschaft ausleben heißt, sie mit anderen zu teilen
Der Landwirt wird mit Stolz geschwellter Brust auf dem Markt stehen, weil ihm die Menschen seine Kartoffeln aus den Händen reißen. Der Briefmarkensammler wird glücklich lächeln, wenn ein Experte seine Sammlung lobend betrachtet. Die Autorin blüht jedes Mal auf, wenn ihr berichtet wird, wie sehr das Buch gefallen hat. Die Leidenschaft ist also untrennbar mit der Reaktion anderer Menschen verbunden. Tröstlich ist es daher, dass das Leben zeigt, dass etwas wahrhaft leidenschaftlich Betriebenes immer auch Menschen finden wird, denen es gefällt. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass ich mich nie hinsetzen und ein Buch schreiben würde, wenn definitiv feststünde, dass es nie auch nur einem Menschen auf der Welt gefallen würde.Daher bin ich dankbar für jede Leserin und jeden Leser. Im Übrigen gilt mein Fazit auch für Blogartikel. Wer würde schon Blogartikel schreiben, wenn absolut sicher wäre, dass sie nie jemand liest? Daher ist es schön, dass du gerade hier bist und mir die Enttäuschung des völlig ungelesenen Blogartikels ersparst. Du könntest mich noch glücklicher machen, in dem du mit diesem Artikel deine Freunde animierst, über ihre Leidenschaft nachzudenken. Oder erzähle in einem Kommentar darüber, wie du deine Leidenschaft auslebst.
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Meine Leidenschaft
Hallo Vera :D
Schreiben ist auch meine Leidenschaft, auch wenn ich mich selbst oft davor scheue, sie als solche zu bezeichnen, aus ganz ähnlichen Gründen wie du.
Wie lebe ich sie aus?
Lange Zeit gar nicht oder nur als Nebensächlichkeit, was auf die Dauer sehr frustrierend war. Es ging immer darum Zeit lieber für die "wirklichen wichtigen Dinge" im Leben zu nutzen. Diese wurden aber nie von mir definiert, sondern von den Menschen in meinem Umfeld und generell von unserer Gesellschaft. Es endete damit, dass ich unglücklich mit meinem Leben wurde und ich einfach irgendwie ausbrechen musste.
Jetzt blogge ich zusammen mit einer guten Freundin und schreibe endlich meinen Roman fertig. So viel mir das auch gibt, ich bin mir sicher auf die Dauer würde ich auch nicht glücklich damit werden ohne Leser. Geschichten brauchen immer Zuhörer sonst funktionieren sie nicht, aber das ist auch fast das Schönste und Faszinierendste an ihnen ;)
LG Alanna
Meine Leidenschaft
Hallo Alanna,
schön, dass du zum Schreiben und Bloggen gefunden hast und es dich glücklich macht. Gerade Bloggen ist eine tolle Sache, um relativ schnell eine Resonanz auf das Geschriebene zu bekommen. Kommentare, wie der deine, erfreuen einfach.
Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß beim Schreiben.
Herzlichen Gruß,
Vera
Sehr schöner Denkanstoß!
Liebe Vera,
ja, es ist so eine Sache mit den Begrifflichkeiten. Leidenschaft - ein großes Wort, aber auch ich habe es schon das eine oder andere Mal verwendet, wenn es ums Schreiben geht.
Ich denke, es liegt in uns Menschen, dass wir in einem sozialen Verband funktionieren und uns auch so verhalten. Ich gebe dir also recht, wenn du schreibst, dass die Reaktion der Außenwelt (ob nun Leser eines Buches oder Briefmarkenexperten) einen Einfluss auf unser Handeln hat. Und auch ich bin nicht frei davon, mich hin und wieder daran zu messen, wie andere auf mein Geschreibsel reagieren.
Andererseits habe ich festgestellt, dass es gesund ist, sich nicht allzu abhängig davon zu machen. Es ist ein schmaler Grad. Zustimmung anderer und Erfolg kann schnell zur Droge werden. Herbe Kritik und Ablehnung von außen kann sehr hemmend wirken. Da gilt es zwischendrin zu prüfen, worauf es einem selber ankommt und welche Ziele man verfolgt. Das Ziel muss ja nicht in jedem Fall Erfolg und Anerkennung der großen Masse sein, wie es einem manchmal suggeriert wird.
Für mich ein wesentliches Element beim Schreiben ist mein innerer Drang, einen Ausdruck finden zu wollen für das, was mich bewegt. Ich habe auch schon Blogartikel an anderer Stelle veröffentlich, bei denen es mir tatsächlich piepegal war, ob jemand sie liest oder nicht. Sie mussten einfach nach draußen, ich habe mir die Dinge quasi mit Hingabe von der Seele geschrieben.
Danke auf jeden Fall, dass du hier deine Gedanken mit uns teilst. :)
Liebe Grüße, Karla
Innerer Drang
Liebe Karla,
danke für den Einblick in deine Leidenschaft. Das mit dem inneren Drang, etwas einfach schreiben zu müssen, kenne ich auch. Ich merke aber auch, dass ich gerade bei diesen sehr leidenschaftlichen Themen besonders enttäuscht bin, wenn sie nicht auf große Resonanz stoßen.
Herzlichen Gruß,
Vera
Leidenschaft
Ich schreibe sehr gerne, ich spiele sehr gern Klavier, ich fotografiere gern und sammle die schönsten Aufnahmen in Ordnern, ich male und zeichne gern, ich wandere sehr gern durchs Erzgebirge und die Alpen, laufe gern Schi (Abfahrt) und lese sehr gern.
Am liebsten lebe ich immer gerade DIE Sache aus, die in meinem Zeitfenster "dran" ist. Eigentlich war ich immer der Meinung, dass mir das Schreiben an sich genügt (kann ich doch endlich einen Gedanken zu Ende führen, ohne von meinem Umfeld unterbrochen zu werden).
Aber das Schreiben kann ich wohl am besten, es geht über das "Hausfrauentalent" meiner vielen anderen Neigungen hinaus. Und mir ist es wohl deshalb so wichtig, dass möglichst viele Menschen meine Geschichten lesen und sich im Idealfall gut unterhalten fühlten.
Leidenschaft
Hallo Petra,
es liegt wohl in unserer Natur, dass wir irgendwann doch wissen möchten, was die Anderen zu den Ergebnisse unser Leidenschaften so saagen.
Danke, dass du deine Leidenschaften mit uns teilst.
Herzlichen Gruß,
Vera
Leidenschaft
Liebe Vera!
Ich sehe es auch so, wie Du es siehst.
Ganz nach dem Motto:
Geteilte Freude ist doppelte Freude!
Einen lieben Gruß aus Essen schicke ich Dir,
Annette
Leidenschaft
Liebe Annette,
das hast du schön gesagt. Natürlich bleibt die Ungewissheit, ob das Geschriebene auch Freude bereitet.
Herzlichen Gruß,
Vera