Leben Comedy Humor 2 Kommentare
„Mach doch mal Comedy“, meinte die beste Freundin von allen nach einer meiner Lesungen. „Das kannst du bestimmt gut.“ Ach ja? Ich? Na gut, die Zuschauer lachen schon gelegentlich bei meinen Lesungen. Und auch bei anderen Auftritten kriege ich immer Lacher. Aber Comedy? Wie geht das überhaupt? Der Gedanke ließ mich aber nicht mehr los und so surfte ich an einem langweiligen Abend ziellos durch die Welten des Internets, als ich auf Informationen zu einem kommenden Comedy-Workshop in Köln stieß. Das klang interessant und der Termin war auch schon bald. Also meldete ich mich spontan an. Mal sehen, wie Comedy so funktioniert.
Meine erste Comedy-Nummer
Die erste Herausforderung stand aber gleich in den Workshopinfos. Zwar sollte die Veranstaltung auch für blutige Anfänger geeignet sein, aber alle Teilnehmer sollten eine zwei- bis fünfminütige Nummer mitbringen, die sie dann präsentieren sollten. Aber wie macht man eine Comedy-Nummer? Das wollte ich doch erst lernen? Also sendete ich dem Veranstalter eine E-Mail mit dieser elementaren Frage. „Es genügen ein paar grobe Ideen“, kam als Antwort zurück. Grobe Ideen, na gut, das könnte ich vielleicht hinkriegen. Dennoch befriedigte mich dies nicht. Der Gedanke, womöglich gleich als Looser dort zu stehen und als Einzige nur „grobe Ideen“ statt einer Comedy-Nummer zu präsentieren, behagte mir gar nicht. Wozu gibt es denn YouTube? Ich durchsuchte also die Videos nach Beispielen guter Comedians. Dazu las ich intensiver in meinem gerade bekommenen Buch „Handwerk Humor“ (siehe Handwerk Humor). So langsam ergab sich für mich eine Struktur. Doch es stellte sich die Frage, welcher Art Comedian ich denn sein könnte. Die etwas prollige Art ist sicher nichts für mich. Auf dem Gebiet Mann/Frau bin ich auch nicht die ideale Besetzung. Der Termin näherte sich, aber eine Idee wollte nicht kommen. Doch glücklicherweise half mir die Landesregierung von NRW. Sie füllte die Zeitungen täglich mit den Plänen, uns arme Bürger vor der allgegenwärtigen Gefahr der umherirrenden Würgeschlangen zu schützen und ein neues Gesetz dazu auf den Weg zu bringen. Der Gedanke ließ sich prima weiterspinnen und ich brachte einen Text zu Papier, der eventuell lustig sein könnte. War dies meine erste Comedy-Nummer mit dem Titel „Würgeschlangen“?Bin ich hier richtig?
Dann war er da, der Samstag. Natürlich war ich die Erste, die am Ort des Workshops eintraf. Ein etwas irritierend aussehender Mann in Shorts und ein paar längeren Resthaaren auf dem Haupt öffnete mir die Tür und meinte „Thorsten ist noch nicht da. Ich muss mal kurz auf das Dach. Komm schon mal rein und achte auf die Klingel.“ Da saß ich nun und grübelte darüber nach, ob es wirklich so gut war, diesen Workshop zu buchen. Noch könnte ich einfach gehen. Aber da ich schon bezahlt hatte, verwarf ich diesen Gedanken. Dann klingelte es auch und die nächste Teilnehmerin schaute mich unsicher an, als ich die Tür öffnete. Zumindest war ich nun nicht mehr alleine. Nach und nach trafen weitere Teilnehmer ein und irgendwann kam auch der Workshopleiter, eine Entschuldigung von einem gesprächigen Handwerker murmelnd.Eine bunte Runde saß dort um den rustikalen Tisch versammelt und alle guckten ähnlich unsicher wie ich. Die Ersten fragten zögerlich „Hast du schon mal eine Comedy-Nummer gemacht?“ Alle antworteten mit Nein und äußerten ihre Unsicherheit. Ich schien doch nicht ganz falsch zu sein. Dann stellte sich jeder vor und es zeigte sich eine beeindruckende Vielfalt.
Der Moment der Wahrheit
Verkopft, wie ich bin, hatte ich nun gedacht, es gäbe eine ausführliche theoretische Darstellung des Workshopleiters, wie Comedy funktioniert. Kam aber nicht. Stattdessen sollte es gleich nach der Vorstellung und einigen Aufwärmspielchen mit den Nummern der Teilnehmer beginnen. Thorsten Sievert, Producer und Regisseur diverser Comedy-Formate mit Größen wie Kaya Yanar oder Olaf Schubert, musste es schließlich wissen, also setzten wir uns um die Bühne und warteten, wer sich wohl als Erster trauen würde. Im Anschluss an jede Vorführung sollten wir unser Feedback geben, bevor Thorsten seine fachliche Meinung sagte und Tipps zur Verbesserung gab. Es war faszinierend, was alles geboten wurde. Eine Grundschullehrerin thematisierte die Herausforderungen mit den lieben Kleinen, ein Musiker parodierte diverse Musikgrößen, ein Schweizer Coach beschäftigte sich mit absurden Werbeaussagen, eine junge Schauspielerin schilderte ihre Nöte damit, demnächst mit Heirat und Kindern konfrontiert zu werden, eine Gelassenheitsexpertin regte sich auf, eine Hausfrau aus Oberursel machte sich ihren Reim auf den Niedergang ihrer Stadt und ein Bayer aus Dortmund ließ uns an seinem Schicksal teilhaben. Dann kam ich. Mühsam das Zittern unterdrückend startete ich meine Erzählung, wie erleichtert ich nun sei, dass uns die Regierung vor Würgeschlangen zu schützen gedenkt. War das Lachen, was ich da nur schwach durch den Nebel meiner Nervosität vernahm? Der letzte Satz war gesprochen und es gab großen Applaus. Noch in Trance setzte ich mich auf den Stuhl und erwartete mein Urteil. Es hatte allen gefallen. Tatsächlich. Ich hatte einen Callback benutzt, klärte uns Thorsten auf. Super, wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Natürlich musste noch einiges verbessert werden, aber es war tatsächlich eine Comedy-Nummer. Ein irres Gefühl.Gleich noch eine
Nun hieß es für den zweiten Tag, die Tipps von Thorsten umsetzen und die Nummer überarbeiten oder eine neue Nummer vorzubereiten. Alle strömten auf die Straße, verabschiedeten sich kurz und sahen eine schlaflose Nacht vor sich, brütend vor einem leeren Blatt und hoffend, doch irgendetwas für den nächsten Tag zustande bringen zu können. Schon auf der Rückfahrt raste es in meinem Kopf umher. Noch eine Comedy-Nummer. Wie sollte ich das nur hinkriegen? Die Würgeschlangen waren ein Glückstreffer. Reiner Zufall. Wo sollte ich so schnell noch einen Einfall herkriegen und den dann dazu sogar noch besser machen. Ich sollte mehr übertreiben, absurder werden, war der Tipp und die Hausaufgabe von Thorsten. An diesem Abend wollte mir aber einfach nichts einfallen. Ich setzte alles auf eine Karte, stellte den Wecker auf sechs Uhr am Sonntagmorgen und hoffte, meine morgendliche Kreativität würde mir auch dieses Mal helfen. Auf jeden Fall führte dies dazu, dass ich einen recht unruhigen Schlaf hatte. Der Wecker klingelte, die erste Latte macchiato stand bereit und der Cursor am PC blinkte. Nun musste eine Idee her. Vielleicht sollte ich nach einer Idee googeln? Google! Na klar. Schließlich macht es sich meine Comedy-Figur gerne einfach. Und was passt da besser, als die Verlockungen der digitalen Welt? Das Thema war gefunden und floss aus den Fingern in die Tastatur. Ständig meine neue Nummer – ja, dieses Wort fällt mir jetzt schon leichter – vor mich hin zitierend, fuhr ich dann wieder gen Köln. Dieses Mal startete der Tag mit einer kurzen theoretischen Erläuterung einiger Fachbegriffe. Dann ging es wieder an die Auftritte. Es war beeindruckend, wie sehr sich die einzelnen Teilnehmer verbessert hatten. Es gab wirklich große Lacher und faszinierende Ideen. Und meine Google-Nummer? Ich musste Pausen in meinem Vortrag machen, um die Zuhörer auslachen zu lassen. Wow! Sie hat tatsächlich funktioniert. Ich kann Comedy-Nummern schreiben. Es gab natürlich noch einige Tipps von Thorsten, aber ein guter Grundstein scheint gelegt zu sein.Raus auf die Bühnen
Die große Frage an Thorsten war, was wir mit dem Gelernten nun tun sollten. „Geht auf die offenen Bühnen und probiert es aus“, war seine klare Aussage. Comedy kann man nur lernen, in dem man es macht. Es lässt sich nicht theoretisch erarbeiten. Eine Aussage, die ich nun verstehen kann. Wir tauschten unsere Adressen aus und verabschiedeten uns, wohl wissend, dass wir einige der Teilnehmer sicher demnächst auf den Bühnen dieses Landes wiedersehen werden. Es würde mich nicht überraschen, dass eine oder andere Gesicht auch irgendwann im Fernsehen bewundern zu können. Ich habe nach meiner Rückkehr natürlich gleich gegoggelt, welche offene Bühnen es denn im Raum Düsseldorf so gibt. Ein paar Möglichkeiten gibt es und ich werde es gewiss mal ausprobieren. Ich werde berichten.Natürlich werde ich auch die eine oder andere Comedy-Nummer in meine Lesungen einbauen. Ihr könnt also gespannt sein.
P.S.: Einen weiteren Nachbericht gibt es auf Schlimmer-geht-immer-Land.
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thumbsup
Da hat er wohl recht, der Thorsten - man muss manche Dinge einfach tun... das Zittern gehört gewiss dazu.
Hat mir Freude gemacht, es mitverfolgen zu können (thumbsup)
Das Leben schreibt die besten Geschichten, sagt man ja, für jeden Menschen eine eigene - und sicher gibt’s obendrein 100fach soviele lustige, groteske und peinliche Stories pro Tag, man muss sie wohl nur erkennen...
Angefixt
Ja, der Thorsten hat gewiss recht. Ich bin jetzt auch mächtig angefixt und es sicher mal wagen. Der Bericht folgt dann auf dem Fuße.