Schreiben 6 Kommentare
Von dem Moment, an dem einem eine Idee durch den Kopf schießt, bis zu dem, an dem man das erste Wort eines Romans schreibt, ist eine längere Strecke zu durchlaufen. Dabei spielt das Grundgerüst eine wesentliche Rolle. Ich habe schon diverse Male Projekte begonnen, die dann irgendwann stockten, weil eben diese Basis nicht stimmte. Mittlerweile kristallisieren sich Stufen heraus, die mir helfen, diese Basis zu schaffen. Ohne empirische Untersuchungen gemacht zu haben oder über ausreichend Erfahrungsschatz zu verfügen, kann ich mir dennoch gut vorstellen, dass diese Stufen bei jedem Autor und jeder Autorin in der ein oder anderen Form vorkommen. Ich schildere einmal, wie der Ablauf bei mir ist.
Zuerst ist der Plan
Wenn ich ehrlich bin, ist es nicht die eine Idee, die der Auslöser zu einem neuen Roman ist, es sind eher mehrere Gedanken. Im Falle von »Tote Models nerven nur« waren es erst einmal die grundlegenden Gedanken, einen Krimi schreiben zu wollen, der humorvoll sein und regional verankert sollte. Dies ist eher ein Plan als eine Idee und bildet bei mir stets den Anfang eines neuen Projektes. Erst dann und innerhalb des durch den Plan gesetzten Rahmens beginnt die Suche, nach der grundlegenden Handlungsidee. Es ist bei mir tatsächlich eine Suche. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Menschen ist, aber meine Gedanken schweifen wild umher, wenn ich sie nicht thematisch fokussiere. Wenn ich also die Eingebung zu einem Roman haben möchte, muss ich sie darauf fokussieren. Ohne Plan geht es also nicht.
Die Fakten
Aus dem grundlegenden Plan ergeben sich die Fakten, die vor Beginn zu definieren sind. Da ist in diesem Fall des regional verorteten Krimis beispielsweise die Frage, welcher Ort es sein soll. Es kann dann ja kein Fantasieort sein. Dies setzt auch zumindest eine grobe Vorrecherche voraus, um ein Gefühl für den Ort entwickeln zu können. Der zweite wesentliche Faktor ist die Zeit, an der die Geschichte spielen soll. Ich schreibe gerne Geschichten, die in der nahen Gegenwart spielen. Etwa ein bis zwei Jahre zurückliegend. In meinem aktuellen Projekt, der Fortsetzung von »Tote Models nerven nur«, sind diese Fakten natürlich bereits vorgegeben. Es ist aber immer wichtig, sich diese vor Beginn so klar wie möglich zu machen, um logische Fehler zu vermeiden. Also nicht nur das Jahr oder der Monat ist zu bestimmen, sondern der genaue Tag, an dem die Geschichte beginnt. In diesem Zusammenhang liebe ich übrigens die Zeitstrahlfunktion von Papyrus Autor.
Meine Hauptfigur
Der Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte ist für mich die Hauptfigur. Daher überlege ich mir stets zuerst, wer diese Figur sein soll. Ich setze die grundlegenden Faktoren fest, wie Geschlecht, Alter, Aussehen, Beruf, Name und besondere Eigenschaften. Das Wichtigste bei der Gestaltung der Hauptfigur ist für mich aber, zu entscheiden, welche Herausforderung diese Figur im Roman zu durchleben hat. Daraus kann ich dann eine Vermutung entwickeln, die als die Prämisse der Figur bezeichnet wird. Für mich ist dieser innere Antrieb der Figur der wesentliche Ausgangspunkt einer Geschichte. Bei Biene in »Tote Models nerven nur« ist es beispielsweise ihr Zwiespalt zwischen dem behüteten Leben in einer kleinen Gemeinde und dem Wunsch, die große, weite Welt kennenzulernen. Die Prämisse daraus ist »Angst vor Verlust führt zum Abenteuer«.
Die weiteren Figuren
Ausgehend davon, wie das Leben der Hauptfigur aussehen soll, ergeben sich andere Figuren. Aus der o.g. Herausforderung der Hauptfigur ergibt sich fast schon eine Gegenspielerin. Im Falle von »Tote Models nerven nur« ist es eben das Supermodel Judith, dass den Lebenswunsch von Biene umgesetzt hat. Dabei achte ich darauf, dass jede Figur markante Eigenschaften hat. Da meine Geschichten immer einen humorvollen Touch haben, versuche ich, die Figuren so zu skizzieren, dass sie mir einen Ansatzpunkt für witzige Ereignisse liefern. Ein wichtiges Hilfsmittel dabei ist es, Eigenschaften zu überzeichnen. Die Oma soll also nicht nur modern denken, sie zeigt es auch laut und deutlich. Dabei hat jede Figur seine eigene Herausforderung zu bestehen. Je klarer diese ist, desto intensiver wird die Geschichte.
Endlich, die Handlungsidee
Erst wenn die wesentlichen Figuren bestimmt sind, entwickele ich die zentrale Handlungsidee. Diese Idee muss markant sein und sich in wenigen kurzen Sätzen ausdrücken lassen. Sie ist sicherlich die Vorstufe zum letztendlichen Pitch, dem Kernsatz, mit dem sich die Geschichte beschreiben lässt. Ich mache oft den Fehler, dass meine erste Idee zu wenig konkret ist und sich eben nicht zu einem wirklichen Pitch verdichten lässt. Aber nur wenn dies geht, funktioniert letztlich auch die Geschichte.
Noch ein Plan
Aus dieser Handlungsidee und der Prämisse der Hauptfigur entwickele ich einen groben Stufenplan nach James Frey. Ich bin nicht gut darin, eine Geschichte vorab zu plotten. Ich brauche die Freiheit beim Schreiben, um wirklich kreativ sein zu können. Aber dieser Stufenplan hilft mir, in der Spur zu bleiben. Es sind die folgenden sechs Stufen:
A - Ausgangssituation
B - Erkennen
C - Vermutung
D - Test der Vermutung
E - Konfrontation mit grosser Herausforderung
F - Auflösung
Ich neige dazu, zu schnell zum Punkt zu kommen, wenn ich ein Schreibziel habe. Daher plane ich den ungefähren Umfang des Romans und bestimme, wie viele Kapitel die einzelnen Stufen repräsentieren. Dann beginne ich, zu schreiben.
Natürlich ist beim Schreiben alles in Bewegung. Figuren verändern sich, werden lebendig und treffen völlig ungeplante Entscheidungen. Sogar die Handlungsidee kann sich wandeln und weiterentwickeln, je tiefer ich in die Geschichte tauche. Wie schon erwähnt, brauche ich persönlich die Freiheit, alles stets ändern zu können, um einen Plan nicht als Korsett zu begreifen. Dennoch ist ein Plan essenziell für mich, um in die richtige Richtung zu marschieren. Insbesondere der o.g. Stufenplan ist mir dabei eine große Stütze.
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cool!
Sehr cooler Beitrag!
Es ist spannend, zu sehen, wie du einen Roman (eine Story etc.) anlegst und was du an Vorarbeiten leistest, bevor du dich an´s tatsächliche Schreiben machst!
und der Tip mit dem Papyrus Autor: Geniales Software, zumindest auf den ersten Blick
Layout und Handling ist ein wenig altbacken, aber inhaltlich absolut klasse, zumindest sowei mein erster Blick drauf
DANKE für die beiden Infos!
cool!
Hallo Torsten,
ja, Papyrus Autor ist bei Schreibprojekten wirklich extrem hilfreich. Alleine schon der geniale Duden-Korrektur macht es zu einem unverzichtbaren Werkzeug, wenn man viel schreibt. Aber die Benutzeroberfläche ist wirklich recht gewöhnungsbedürftig.
Herzlichen Gruß,
Vera
Sehr interessant
Hallo Vera,
vielen Dank für diesen tollen Artikel. Es ist sehr spannend zu lesen, wie du einen Plot entwickelst. Den Stufenplan von James Frey kannte ich noch nicht. Danke dafür.
Halte mich da eher an das Drehbuchsystem von Syd Field mit Plot- und Wendepunkten. Das ist großartig.
Liebe Grüße
Markus
Sehr interessant
Hallo Markus,
dafür kenne ich das Drehbuchsystem von Syd Field noch nicht. Muss ich mir mal ansehen.
Herzlichen Gruß,
Vera
Interessant
Danke für den ausführlichen Beitrag!
Ich habe mir schon so oft überlegt einfach mal drauf los zu schreiben und vielleicht mit etwas Glück ein wenig Erfolg zu haben, aber es stellte sich dann doch immer heraus dass es nicht einfach ist ein Buch zu schreiben. Man denkt zwar dass die Ideen die man hat ausreichen, jedoch bringen diese einem ohne einen Plan überhaupt nichts.
Interessant
Hallo Luisa,
ganz ohne Planung oder Konzept geht es sicher nicht. Aber es hat jeder seine eigene Herangehensweise. Abschrecken wollte ich dich aber gewiss nicht. Also ruhig mal loslegen.
Herzlichen Gruß,
Vera