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Für mich sind sie eine Art unsichtbare Geister des Literaturbetriebs. Auf der Buchmesse sitzen sie in einem abgesperrten Bereich hinter hohen Wänden verborgen und ich muss zugeben, dass ich nur sehr vage Vorstellungen über ihre Tätigkeit habe. Gemeint sind die Literaturagenten. Da ist es ein besonderer Glücksfall, dass ich Anna Mechler kennenlernen durfte und sie sich bereit erklärte, mir einen kleinen Einblick in ihre Tätigkeit zu geben.
Wie muss ich mir den durchschnittlichen Arbeitstag einer Literaturagentin vorstellen?
Den Vormittag verbringe ich meist mit der Beantwortung von Mails, führe Telefonate oder gehe zu Terminen in die Verlage. Nachmittags versuche ich dann, Manuskripte zu lesen. Es sind ja nicht nur die Manuskripte neuer Autoren, sondern auch der Autoren, die von der Literaturagentur Lesen & Hören bereits betreut werden. Gerade die Projekte „meiner“ Autoren sehe ich natürlich sehr genau an, und prüfe, ob alles stimmig ist oder der Autor eventuell noch nachbessern oder ausarbeiten muss.Man liest immer wieder Horrorgeschichten von den Massen an Manuskripten, mit denen Verlage und Agenten überschüttet werden. Welche Mengen kommen bei Ihnen an und wie sichten Sie diese?
Es gibt immer wieder Phasen – zu den Buchmessen oder um den Jahreswechsel – da überschlagen sich die Manuskripteingänge. Und andere – wie die Sommerferien – da ist es relativ ruhig. Im Schnitt bekommen wir so um die fünf Manuskriptvorschläge am Tag. Für die Erstsichtung habe ich eine freie Mitarbeiterin. Sie prüft und schaut, was interessant sein könnte und was sprachlich akzeptabel ist. Ungefähr 10 Prozent landen dann bei mir auf dem Schreibtisch. Normalerweise sehe ich recht schnell, ob das Projekt schon marktreif ist oder nicht. Da reichen oft das Exposé und die ersten 3-5 Seiten. Manchmal muss man aber auch genauer hinsehen, um die Perle zu entdecken. Natürlich hat das auch was mit persönlichem Geschmack zu tun. Ich kann zum Beispiel wenig mit Fantasy anfangen. Also vertrete ich dieses Genre auch nicht, weil ich als Agentin hundertprozentig hinter meinen Autoren und deren Stoffen stehen muss. Wenn ich das nicht kann, kann ich auch keinem Lektor glaubhaft machen, dass er dieses Projekt unbedingt realisieren muss.Einige Manuskripte sind an sich toll, es fehlt aber noch das gewisse Etwas. Dann schlage ich dem Autor eine Überarbeitung vor und mache konkrete Vorschläge. Mir ist eine gute Zusammenarbeit und eine Vertrauensebene sehr wichtig.
Welche Rolle spielt die wachsende Zahl von Self-Publishern und Indie-Autoren für Ihre Tätigkeit?
Immer häufiger bekomme ich Anfragen von Autoren, die ihr Buch bereits selbst publiziert haben und jetzt einen „richtigen“ Verlag suchen. Das finde ich sehr schwierig. Denn ich kann schlecht zu den Verlagen gehen und sagen „Hey, hier ist ein Projekt, das stand schon zwei Jahre bei Amazon, hat sich aber nur mäßig verkauft und jetzt will der Autor einen großen Verlag dafür.“ Das kommt bei den Verlagen nicht so gut an. Interessanter ist es, wenn ein Autor mit einem neuen Projekt kommt und sich vorher als Self-Publisher schon einen Namen gemacht hat.Ich beobachte den Markt sehr genau und finde es interessant, was Indie-Autoren ohne Verlag für Erfolge erzielen. Letztlich wird sich aber auch hier die Qualität durchsetzen. Ein unlektoriertes E-Book, das vor Fehlern wimmelt, wird den Leser auch für 0,99 Cent nicht begeistern.
Noch ist mein Eindruck, dass das Ziel vieler Autoren dennoch ein traditioneller Verlag ist – natürlich mit Ausnahmen.
Nun entscheidet nicht nur die Qualität eines Buches über den Verkaufserfolg, sondern in einem erheblichen Anteil das Marketing, die Präsenz des Autors/der Autorin und andere Faktoren. Wie wichtig sind Ihnen diese Dinge bei der Bewertung eines Projektes?
Für mich ist einzig die Qualität wichtig, und ob ich der Meinung bin, einen Verlag für das Projekt zu finden. Als Agentin muss ich zu hundert Prozent hinter dem Projekt stehen. Kann ich das nicht, kann ich es auch nicht vermitteln. Ein aktiver Autor ist natürlich wichtig und toll und in der heutigen Zeit schon fast Pflicht, aber das allein ist für einen Verlag kein Kaufargument
Wie sehen Sie aktuell die Situation eines Neu-Autoren/einer Neu-Autorin bei den Verlagen? Sind sie nur Füllmaterial für das Verlagsprogramm oder werden sie gefördert?
Die meisten Autoren, die ich vertrete, sind Debütanten. Wenn der Verlag hinter dem Projekt steht, legt er sich auch für Neulinge ins Zeug. Mechthild Lanfermanns Krimi "Wer im Trüben fischt" zum Beispiel ist ihr Debüt und war bei Erscheinen Top-Werbeschwerpunkt.Was können Sie speziell tun, damit Ihre Autoren bei den Verlagen zum Top-Werbeschwerpunkt werden?
Das hängt davon ab, wie viele Verlage sich für ein Projekt interessieren. Je größer die Nachfrage nach einem Projekt, desto mehr Vorteile für den Autor lassen sich verhandeln.Was war für Sie die Motivation, eine Literaturagentur aufzubauen?
Ich habe schon immer gern gelesen, habe Germanistik studiert und wollte eigentlich Journalistin werden. Dann bot sich mir plötzlich die Möglichkeit, ein Volontariat in einer Literaturagentur zu machen. Bis dahin kannte ich diesen Beruf gar nicht, war aber sofort neugierig, was es damit auf sich hat.Leider bin ich an eines der so genannten schwarzen Schafe der Branche geraten. Das heißt, es wurde Geld von den Autoren verlangt für einen Agenturvertrag und ein Lektorat, vermittelt wurden die Projekte danach nicht. Das war für mich sehr unbefriedigend und natürlich habe ich schnell gemerkt, dass eine seriöse Literaturagentur anders arbeitet. Da ich also nun wusste, wie es nicht geht, aber auch, dass ich mit dieser Referenz nichts würde anfangen können, habe ich beschlossen, eine eigene Agentur zu gründen, um die Autoren so zu beraten und zu betreuen, wie ich es für richtig und wichtig halte.
Das war am Anfang sehr schwer, denn ich hatte ja keine Kontakte in der Verlagswelt. Daher hieß es Klinken putzen, mich auf den Buchmessen den Lektoren vorstellen und durch Zuverlässigkeit, eine gewisse Hartnäckigkeit und gute Projekte überzeugen. Mittlerweile gibt es die Literaturagentur Lesen & Hören fünf Jahre. Und auch wenn der Weg steinig war, so war ich immer davon überzeugt, dass meine Agentur erfolgreich sein wird. Und so bin ich froh über meine Entscheidung und dankbar, dass meine Familie so hinter mir steht und mich immer ermutigt hat, weiter zu machen. Und wenn ich mir heute die Homepage ansehe, mit den vielen tollen Autoren und ihren Büchern, dann bin ich stolz, dass ich geholfen habe, sie auf den Markt zu bringen. Für mich ist das der schönste Job der Welt.
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