Schreiben 11 Kommentare
Es ist ein Morgen wie die vielen anderen zuvor. Ich sitze am Laptop, neben mir steht die Latte macchiato und ich starre auf die Worte, die ich gestern geschrieben habe. Nun muss ich diese Geschichte weitertreiben. Heute sehe ich die Szene vor mir und kann sogleich loslegen, aber dies ist nicht immer so. Manchmal weiß ich nicht, ob ich die Person nun dies oder das tun lassen sollte. Dann würde ich gerne jemanden fragen oder die Situation diskutieren. Doch das geht nicht.
Der Grund, warum ich dies für unmöglich halte, ist nicht, weil ich alleine lebe und meine einzigen Mitbewohner zwei ziemlich gesprächsfaule Zimmerpflanzen sind. Von der Spinne, die sich gelegentlich hinter meinem Schrank hervorwagt, möchte ich mal absehen. Nein, denn natürlich habe ich Freunde, mit denen ich immer mal wieder über die Geschichten, an denen ich gerade arbeite, diskutiere, doch ich mache jedes Mal die Erfahrung, dass mir dies nur bis zu einem gewissen Punkt helfen kann.
Es geht um die wesentlichen Fragen
In den sozialem Medien, bei Autorentreffen und anderen Gelegenheiten, werden immer wieder Fragen gestellt und ich bemerke dort regelmäßig, dass Fragen, wenn überhaupt, nur rudimentär beantwortet werden können. Natürlich gibt es technische Aspekte des Schreibens. Wie schreibt man ein spezielles Wort? Wir formatiere ich eine Normseite? Diese lassen sich leicht beantworten. Die lassen sich aber auch googeln und beschäftigen mich daher weniger. Ich meine die essenziellen Fragen, die ich mir am Morgen vor der blinkenden Positionsmarke meines Schreibprogramms stelle. Die Frage, ob meine Hauptfigur nun besser wütend reagieren oder vielleicht weinen sollte. Die Frage, ob die Geschichte nun eine bestimmte Wendung nehmen sollte oder besser nicht. Derartige Entscheidungen sind es, die darüber bestimmen, ob ich weiterkomme in meinem Projekt oder hängen bleibe.
Warum kann keiner helfen?
Die Dinge, die meine Figur tut, sind emotional begründet. Sie reagiert auf Basis ihres Charakters und der Erfahrungen, die sie gemacht hat. Dies ist wie bei jeden Menschen. Wenn es nicht so wäre, würde sie schemenhaft handeln und Leser hätten sicherlich Schwierigkeiten, ihr zu folgen. Dazu kommt, dass eine Figur einen völlig anderen Charakter hat, als ich ihn habe. Um sie also authentisch handeln zu lassen, muss ich sie genauestens kennen. Doch der einzige Mensch, der sie wirklich kennt, bin ich, die Autorin, ihre Schöpferin. Wenn ich also einen Dritten frage, was meine Figur in einer bestimmten Situation tun sollte, dann muss ich erst einmal meine Figur vorstellen. Dies kann aber nur schwer in dieser Tiefe sein, wie ich meine Figur kenne. Daher können auch die Antworten nur bedingt hilfreich sein.
Es kämpft jeder seine Schlacht allein.Johann Christoph Friedrich von Schiller
(1759 - 1805), deutscher Dichter und Dramatiker
Schreiben ist ein Spiegel des Lebens
Ich glaube, jeder kennt die Situation, wenn man eine schwierige Entscheidung oder Situation in seinem Leben mit einem Freund oder einer Freundin diskutiert. Es kommen viele gutgemeinte Ratschläge, doch nicht alle davon erscheinen einem hilfreich. Manchmal freut man sich, dass man darüber sprechen konnte, aber macht dann doch etwas ganz anderes, als einem vorgeschlagen wurde. Der Grund ist, weil man nur selbst spürt, was man tun sollte.
Die Entscheidungen über die Handlungen der Figuren in einem Roman haben die gleiche Dimension. Sind tief emotional und nur ich als Autorin kann wirklich entscheiden, was das Richtige ist. Da kann mir keiner helfen. Es kann Anregungen geben. Es kann moralische Unterstützung geben, aber die Entscheidung muss ich ganz alleine treffen
Es gibt keine Rettung
Letztens habe ich in einer der zahlreichen Autorengruppen bei Facebook gefragt, was die größte Herausforderung in einem Autorendasein ist. Die Antwort war eindeutig. Die Meisten sagten, dass sie sich wünschen würden, mehr Hilfe zu haben. Netzwerken unter Autoren sei so schwierig. Das Bedürfnis, nicht alleine mit seinem Projekt zu sein, kann ich gut nachvollziehen. Doch ich befürchte, dieses Bedürfnis bleibt ein unerfülltes.
Schreiben ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit. Die Geschichten kommen tief aus der Seele des Schreibenden. Nicht zuletzt deshalb übt es diesen großen Reiz auf so viele Menschen aus, seine eigene Geschichte zu erzählen und den Mitmenschen als Buch zu präsentieren. Man muss sich aber bewusst sein, dass dies einen großen Teil Einsamkeit nach sich zieht. Weder gute Freunde noch Facebookgruppen können die Einsamkeit im Schreiben auflösen. Sie ist meines Erachtens sogar essenziell für das Schreiben. Da ist uns Autorinnen und Autoren einfach nicht zu helfen.
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Allerdings
Hallo Vera,
schöner Artikel, ich kann dir in allen Punkten nur zustimmen. Im Gespräch mit anderen wird mir hauptsächlich immer nur eins klar: "Nein, ich möchte nicht, dass die Geschichte so verläuft." Was andere zu ihr sagen ist leider in den wenigstens Fällen hilfreich. Eben weil, du hast es gesagt, sie die Figuren und die Geschichten nicht so kennen wie ich.
Viele liebe Grüße,
Jasmin
Allerdings
Hallo Jasmin,
schade, dass du die gleichen Erfahrungen gemacht hast. Ich hoffe ja immer nocch auf eine Lösung. Aber ich befürchte, es wird immer so sein.
Herzlichen Gruß,
Vera
Teils teils...
Liebe Vera, ein wirklich spannender Artikel! Zum großen Teil geht es mir genauso. Ich habe mittlerweile meine Taktiken, wenn ich mit einer Geschichte nicht weiterkomme. Aber tatsächlich durfte ich auch schon die Erfahrung machen, dass die Meinung anderer hilfreich war. Ich habe jahrelang mit anderen Autoren für Serien geplottet. Das war immer im Team und aus dieser Zeit habe ich einige Kolleginnen, mit denen ich gerne zu Beginn einer Geschichte über den Plot spreche. Dabei kam für eine meiner Geschichten zum Beispiel mal ein Höhepunkt des Buches heraus, der mir so selbst nicht eingefallen wäre. Ich habe die entsprechender Autorin natürlich erwähnt :-) insofern muss ich sagen, dass die Zusammenarbeit mit anderen Autoren/innen mir und meinen Geschichten schon sehr geholfen hat... nach den ersten Gesprächen wollte ich dann aber mit der Geschichte alleine sein. Da wären andere Meinungen verwirrend für mich...
Teils teils...
Hallo Christin,
freut mich, dass du schon positive Erfahrungen machen konntest. Vielleicht liegen meine Schwierigkeiten auch darin, dass ich mich generell schwer tue, über ein Projekt mit jemanden zu sprechen, das noch im Entstehen ist.
Herzlichen Gruß,
Vera
Bauchgefühl
Das verstehe ich! Das kann auch nach hinten losgehen... wahrscheinlich ist es immer gut, auf den Bauch zu hören :-) Über mein aktuelles Projekt habe ich zum Beispiel noch mit niemandem gesprochen...
Du kannst mir nicht helfen
Schreiben ist ein Spiegel des Lebens...
und es kommt darauf an, wohin man den Spiegel richtet und ob man erkennt, was hinter dem 'Gespiegelten' verborgen ist, sein könnte.
Und so wie man im Leben doch seine Entscheidungen selber trifft, ja treffen muss, so geht es doch auch beim Autoren-Schreiben um das Bauchgefühl - mag es sich nachher als richtig, falsch oder verbesserungswürdig herausstellen. Es ist wie bei einer Wanderung in unbekanntem Gelände, in einem fremden Land.
Dazu gibt es auch (ich glaube ein Goethe Zitat) den etwas harten Spruch:
Von dem der Rat verlangt ists Beschränkung, von dem der Rat gibt, Anmaßung.
Naütrlich gibt es wie überall, die hochgelobte Teamarbeit, auch Autorenteams, wie sie bei Filmserien durchaus erfolgreich eine Serie am Leben erhalten können. Das aber ist was anderes, als das Schreiben an einem eigenen Herzensprojekt.
So stimme ich deinem Artikel voll ganz zu: Einem Autor/In ist bei seinen Nöten nicht zu helfen. Ja sie sind sogar notwendig um am Werk zu reifen. Allzu glattgebügelte Literatur ist für den anspruchsvollen Leser langweilig, so langweilig wie die meisten Serien.
Liebe Grüße
vom Leser
Du kannst mir nicht helfen
Es stimmt völlig, dass niemand uns Autoren die Entscheidung abnehmen kann, wie eine Figur handeln soll.
Aber ich habe eine Freundin, mit der ich solche Situationen diskutieren, auch Handlungsalternativen besprechen kann. Das gegenseitige Nachdenken verhilft uns zu einem spannenden Gespräch und mir, zu einer Entscheidung zu kommen.
Mögliche Autorenzusammenarbeit und die Hilfe beim schreiben
Ein kleiner Kommentar zu meiner folgenden Äußerung am Rande: Ich, Alex(Avis) bin lediglich 14 Jahre alt und schreibe zurzeit selber an einem größerem Projekt. Alle folgenden Ideen, wie man die zusammenarbeit unter Autoren verbessern könnte, sind also rein hypotetisch. Also; als erstes möchte ich auf das Problem eingehen, das man beim schreiben an einem Projekt eher einsam ist und sich nicht wirklich hilfe dazu holen kann. Nun, ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass es immer sehr genau darauf ankommt, welcher der Freunde, Bekannte oder Kollegen man darauf anspricht, oder sie bottet sich die Geschichte mal durchzulesen. Ich zum Beispiel habe einen Deutschlehrer, welcher das Projekt im Prinzip von der ersten, egoistisch, bzw. schlecht geschriebenen Seite, bis jetzt begleitet hat, mir konstruktive Kritik gibt und der mir jedes mal, wenn ich ihn frage, sich ernst damit auseinandersetzt, darüber nachdenkt und anschließend mir vor Augen führt, was ich bis jetzt an Ereignissen beschrieben habe und dass es immer die frage ist, in welche Richtung man die Geschichte weiterentwickeln lassen will. Die andere Möglichkeit, mit wem man sprechen kann ist mit demjenigen, der sagt: sehr gut, nur weiter so, oder: musst du mal was ändern! Was ich damit meine, ist, dass man sich möglichst immer an solche wie meinen Deutschlehrer wendet; also an jemanden, der sich in die Lage des Characters hineinversetzen kann, oder zumindest sich in die Lage von dem Autor, bzw. der Autorin hineinversetzen kann und die Geschichte, die Wendepunkte vor allem, die diese Geschichte bestimmen, ungefähr zu verstehen und zukünftige möglicherweise zu erahnen.
Zum 2. Punkt, der Zusammenarbeit zwischen Autoren, möchte ich eine Idee vorstellen, die ich demnächst in einem Video oder weiterem Beitrag auf Google+(Avis Schatte) näher erläutern will. Also; das Grundprinzip ist so; wenn man eine Verbindung zwischen jungen Autoren (wie z.B. mir) und älteren Autoren (wie z.B. dir, Vera), herstellen könnte, z.B. in einem Forum. Dort könnte man dann sich als junger Autor mit älteren Autoren austauschen über das schreiben selbst, Buchprojekte oder wie man mit Pannen beim schreiben umgeht. Desweiteren könnte man dort gemeinsame Treffen von Autoren organisieren, Zeiten für Diskussionen über Themen festlegen oder gar ein groß aufgelegtes Buchprojekt starten. Damit Sicherheit bei einer solchen Plattform oder einem solchem Forum vorhanden ist, könnten die größeren Autoren mit den kleineren Autoren (Vorrauss. ist ein Blog) zusammenarbeiten und Autoren , egal welchen Alters, heraussuchen, welche ein solches Unterfangen begleiten könnten und dieses nicht gefährden könnten, sowie gerne dafür werben würden. Falls jemand denkt, es wäre einen Gedanken wert, meldet euch doch einfach bei mir ;)
Mit Grüßen,
Avis
Mögliche Autorenzusammenarbeit und die Hilfe beim schreiben
Hallo Avis,
finde ich toll, dass du so große Unterstützung bei deinem Schreibprojekt hast und dich für die Zusammenarbeit einsetzt. Es gibt natrülich schon einige Foren zum Austausch unter Autoren. Allerdings ist jede Aktivität in solchen Foren mit Aufwand verbunden und je tiefer man in seinem eigenen Schreibprojekt drin steckt, desto schwieriger ist es, andere darin einzubeziehen. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem Projekt. Vielleicht berichtest du mal, was so daraus wird.
Herzlichen Gruß,
Vera
Mögliche Autorenzusammenarbeit und die Hilfe beim schreiben
Hallo Vera,
Mittlerweile habe ich den Traum doch aufgegeben, da es echt nicht einfach, genug Mittstreiter für dieses Projekt zu finden. Dafür jedoch hab ich eine andere Idee entwickelt, die auf einer interaktiven Art einer Geschichte basiert. Das Prinzip ist einfach, doch die Umsetzung könnte etwas schwerer sein. Die Welt, um die es in der Geschichte geht, sollte von vornherein in gewissen Grenzen abgeklärt sein und sobald das geschehen ist, kann man sich an die Geschichte machen. Dabei kann man natürlich überhaupt erstmal die Grundgeschichte, um die es gehen soll klären und anschließend einfach anfangen zu schreiben. Das Geschriebene kann man dann zwischendurch austauschen und den weiteren genauen Hauptverlauf der Geschichte festsetzen. Die jeweiligen Autoren, die bei dem Projekt mitwirken, müssten sich dann auf jeweils eine oder zwei Figuren einigen, die von ihnen und ihren Geschichten beschrieben wird. Im Gegensatz zu damals, als ich meinen anderen Kommentar zu diesem Artikel verfasste, bin ich heute allerdings nicht so naiv zu glauben,dass ich der Erste bin, der an eine solche Form der Zusammenarbeit glaubt.
Dein Avis
Ps: Ich bin noch nicht dazu gekommen, das Buch zu lesen, dass du mir vor so langer Zeit zugeschickt hast, werde aber so bald es geht es erstens lesen und dir zweitens ein Review zurücklassen ;)
Mögliche Autorenzusammenarbeit und die Hilfe beim schreiben
Hallo Avis,
scheint deine Passion zu sein, die Zusammenarbeit unter Autoren zu fördern. Annika Bühnemann macht gerade ein ähnliches Projekt. Vielleicht kannst du dir bei ihr abschauen, wie es geht.
Herzlichen Gruß,
Vera