Ohne Verlage sind wir nichts wert

Ohne Verlage sind wir nichts wert
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Im letzten Monat wurde der Deutsche Verlagspreis von unserer Kulturstaatsministerin Claudia Roth vergeben. Im Umfeld dieser Vergabe kam die Forderung der Verlage nach einer strukturellen Verlagsförderung wieder ins Blickfeld, die auch schon Bestandteil des Koalitionsvertrags ist. Dazu hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien eine Studie in Auftrag gegeben, die bereits 2021 veröffentlicht wurde. Deren Aussagen machen deutlich, dass die Autorenschaft handeln muss.



In dieser Studie mit dem Titel „Aktuelle Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse im Bereich der Förderung verlegerischer Vielfalt auf dem Buchmarkt in Deutschland“ wird die Situation der kleinen und mittleren Verlage in Deutschland untersucht und sie kommt, kaum überraschend, zum Schluss, dass diese im größeren Maße in ihrer Existenz bedroht sind. Nun ist die Argumentation, dass dadurch die verlegerische Vielfalt in Gefahr ist, und es daher einer Förderung bedarf.

Sicherlich kann man dem soweit folgen und einem größeren Verlagssterben durchaus besorgt entgegensehen, doch wenn man diese Studie genauer liest, stößt man auf einen Sachverhalt, der stutzig werden lässt.
Bei der Beschreibung der Auswahl, welche Verlage im Sinne der Studie relevant sind, fällt sehr schnell auf, dass Eigenverlage pauschal ausgeschlossen werden. So heißt es zum Beispiel gleich zu Beginn:

Diese Gesamtzahl von 3.000 Verlagen sollte jedoch als Obergrenze bzw. wahrscheinliche Überschätzung der Anzahl förderfähiger Verlage verstanden werden, da diese Zahl auch Eigenverlage, Selbstkostenverlage und Verlage ohne professionelle Verlagsstruktur enthält, die von einer Verlagsförderung ausgeschlossen werden sollten, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese Verlage zur verlegerischen Vielfalt beitragen.



Liest man weiter in der Studie, kommt zu einer noch deutlicheren Erklärung:

Der Ausschluss von Verlagen mit einer hohen Eigenverlagsquote ist sinnvoll, da bei eigenverlegten Büchern die Qualitätskontrolle durch die Entscheidung eines von dem / der Autor*in unabhängigen Verlags, das Buch zu publizieren, fehlt. Somit kann bei Eigenverlagen nicht davon ausgegangen werden, dass sie einen wertvollen Beitrag zur kulturellen Vielfalt am Buchmarkt leisten.


Nur Verlage tragen zur kulturellen Vielfalt bei?


Nun spätestens muss jedem Autor und jeder Autorin die Zornesröte ins Gesicht steigen. Bedeutet diese Aussage doch letztendlich, dass die schriftstellerische Leistung alleine keinen Beitrag zur Vielfalt darstellt und nur durch die Übernahme von einem Verlag zu einem Wert wird.
Wenn man dann den in den letzten Jahren stark wachsenden Anteil der selbstverlegten Bücher bedenkt, bekommt diese Äußerung erst recht etwas Absurdes. Gerade die selbstverlegten Bücher, die ungefiltert durch Interessen von Wirtschaftsunternehmen auf den Markt kommen, steigern die Vielfalt. Dies bei einer Studie, die genau die Risiken für den Verlust der Vielfalt untersuchen soll, kategorisch auszuschließen, lässt sich logisch nicht erklären.
Natürlich kommt an dieser Stelle sicher wieder der Einwand, dass durch Selfpublishing auch schlechte Bücher auf die Menschheit losgelassen werden. Doch spielt die Qualität der Bücher in der Studie keinerlei Rolle. Dass die Bücher der 3000 in der Studie angenommenen Verlage alle allerhöchsten Ansprüchen genügen, dürfte man sicher infrage stellen. Wobei nirgends in der Studie oder auch sonst irgendwelche Qualitätskriterien für Verlage definiert sind. Man muss sich also einfach nur Verlag nennen, Bücher von mehreren Autoren oder Autorinnen herausbringen und schon veredelt man Bücher, ob man will oder nicht.

Vielfalt ensteht durch Selfpublishing


Dies ist nicht nur eine eklatante Herabwürdigung der Leistung der Autorinnen und Autoren, sondern auch vollständige Ignoranz der Marktsituation, in der es gerade selbstverlegte Bücher sind, die Nischen bespielen, die von Verlagen längst ignoriert werden, oder Trends schnell aufnehmen, bevor die Verlage mit ihren langwierigen Prozessen dem nachkommen könnten. Von Verlagen ist zudem bekannt, dass sie gerne auf Trends aufspringen, und viel mehr kopieren, was schon erfolgreich war. Für Schreibende ist das eigene Buch dagegen eine Herzensangelegenheit.

Wenn es also der Beauftragen der Bundesregierung für Kultur und Medien tatsächlich um die verlegerische Vielfalt geht, dann darf sie Eigenverlage nicht ausschließen, sondern muss sie explizit einbeziehen. Nur dann zeigt sich ein wirklich realistisches Bild und nur dann ist eine echte Einschätzung möglich, wie eine sinnvolle Förderung zur Erhaltung der verlegerischen Vielfalt aussehen kann. Dann wird sich womöglich zeigen, dass es nicht nur äußere Einflüsse, wie Kostenzuwächse, sind, die allen Verlegenden zu schaffen machen, sondern auch die starren Strukturen im Buchmarkt, die dafür sorgen, dass laut dieser Studie gerade mal 40 Verlage 78,8% des Buchmarktes ausmachen.
Mehr Offenheit bringt auch mehr Vielfalt und die Autorinnen und Autoren schreiben diese Vielfalt, nicht die Verlage.

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1 Kommentare Ohne Verlage sind wir nichts wert
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  • Ohne Verlage sind wir nichts wert

    ich würde in nuce so zusammenfassen: PRINZIPIELL spiegeln Verlage den Markt, Selfpublisher die eigene Kreativität. Die Frage ist nun: welche Vielfalt oder Einfalt ist gemeint: die des Marktes oder die der Kreativität? Die Geschichte der menschlichen Kultur läuft langsam dahin, dass die Marktwirtschaft das allmächtige Prinzip ist, welches sich sogar nach und nach Natur (Gentech) und Bewusstsein (KI) einverleiben will. Wenn das keine apokalyptischen Zeiten sind! Gruss von einer Selfpublisherin

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