Amazon, Buchhandel - gibt es Gut und Böse?

Amazon, Buchhandel - gibt es Gut und Böse?
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Gestern bekam ich ein E-Mail von Amazon. Mein Buch »Tote Bosse singen nicht« sei in der Auswahl zum Kindle Deal und ich solle meine Bewerbung bestätigen. Nun muss man wissen, dass ich dieses Buch zu KDP Select angemeldet habe. Dies setzt eine dreimonatige Exklusivität voraus, die in einigen Tagen ausläuft. Just in diesem Moment kommt besagtes E-Mail und sollte ich das Angebot der Bewerbung annehmen, ist die Verlängerung der Exklusivität Voraussetzung. Es ist auch nicht das erste Mal, dass ich ein solches E-Mail bekommen habe. Sie kamen immer kurz vor Ablauf der Exklusivität und sobald ich verlängert hatte, kam ein E-Mail mit der Absage des Kindle Deals. Alles also eine Masche?


Viele Autorinnen und Autoren haben solche Mails bekommen und einige davon haben anschließend auch eine Bestätigung des Kindle Deals bekommen. Es ist also wahrscheinlich eher Zufall, dass mein Buch bisher nicht ausgewählt wurde. Doch das Timing der E-Mails ist selbstverständlich Kalkül. Schließlich entzieht Amazon durch die Exklusivität den Mitwettbewerbern E-Books. Ist Amazon also böse?

Amazon hat Selfpublishing groß gemacht


Selfpublishing ist zur Bewegung geworden, weil Amazon die Möglichkeiten geschaffen hat. Wenn man Selfpublisherinnen und Selfpublisher fragt, die vom Schreiben leben, dann erwirtschaften sie den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen über Amazon. Meine Freunde von tolino werden jetzt intervenieren und Beispiele von Autorinnen und Autoren nennen, die über ihre Plattform gutes Geld verdienen. Doch es sind eher Ausnahmen. In der Regel sind die Verdienstmöglichkeiten über Amazon größer. Ist also Amazon eher gut?
Man mag vielleicht mit tolino nicht immer die Einnahmen erzielen können, die bei Amazon möglich sind, aber es ist von enormer Bedeutung, dass es die Allianz gibt. Die Alternative wäre nämlich ein monopolistischer Markt und der kann nicht in unserem Sinne sein. Wie es in Märkten aussieht, die nichts Vergleichbares haben, sieht man im europäischen Umfeld. Selfpublishing gilt dort als reines Amazonphänomen und hat kaum Stellenwert. Ich habe beispielsweise nach Pendants zum Selfpublisher-Verband in unseren Nachbarländern gesucht und nichts gefunden. Auch das European Writers' Council (EWC), bei dem Nina George gerade zur Vorsitzenden gewählt wurde, hat sich nach eigenen Aussagen bisher nicht mit Selfpublishing beschäftigt. Selbstverständlich können Selfpublisher auch kein Mitglied werden. Da sind wir in Deutschland schon weiter, wenn auch noch nicht vollständig am Ziel.

Ist der klassische Buchhandel wichtig für Selfpublishing?


Doch auch wenn Amazon erhebliche Marktanteile hat, der größte Teil der Bücher wird immer noch über den klassischen Buchhandel verkauft. Doch der zeigt sich recht spröde, wenn es um Bücher geht, die im Selfpublishing veröffentlicht wurden. Auch wenn es erste positive Entwicklungen gibt, wie den Deutschen Selfpublishingpreis, erste inhabergeführte Buchhandlungen, die Selfpublishingtiteln einen größeren Raum geben, so herrscht noch sehr viel Unwissen und Ablehnung in der Branche. Dazu kommt eine über Jahre sehr stark organisierte und geregelte Struktur, die es dem Einzelnen erschwert, sich einen Platz zu erkämpfen. Ist der Buchhandel also böse?

Um im Buchmarkt außerhalb von Amazon Fuß zu fassen, sind Dienstleister am Markt erschienen. Unternehmen, wie BoD, Neopubli, tredition u.a., ermöglichen es jedem sein Buch in den klassischen Kanälen zu platzieren. Dass sie sich dabei nicht immer deutlich von Verlagen abgrenzen, ist eher kritisch zu sehen. Aber es bietet auch Vorteile, z.B. beim Impressum. Sollte die geplante Verlegerbeteiligung bei der VG Wort rechtswirksam werden, muss man hier sicher genauer hinsehen. Diese Dienstleister sind also wichtig und hilfreich, aber letztlich eben auch Wirtschaftsunternehmen.

Gleichgewicht der Kräfte ist wünschenswert


Man kann zum Schluss kommen, dass es sich nicht lohnt, die Mühen auf sich zu nehmen, um ein Buch auch für den klassischen Buchmarkt verfügbar zu machen. Man kann sich entscheiden, sich ausschließlich auf Amazon als Kanal zu beschränken. Man kann auch, wie ich es getan habe, die Tour durch die Buchläden starten. Es gibt viele Wege und genau das ist das Gute am Selfpublishing in Deutschland. Damit haben wir eine weltweit einmalige Situation, die es wert ist, erhalten zu werden. Machen wir uns nichts vor. Kein Unternehmen in der Szene ist selbstlos. Sie alle wollen Geschäfte machen. Daher sollten wir alle Marktteilnehmer mit gesunder Skepsis betrachten und die Entscheidung treffen, die sich für einen selbst am besten anfühlt. Je mehr Gleichgewicht der Kräfte herrscht, desto besser ist das für uns, die Selfpublisherinnen und Selfpublisher.

P.S.: Ich habe übrigens die Bewerbung zum Kindle Deal bestätigt. Drück mal die Daumen, dass ich dieses Mal auch dabei bin.

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