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Was wäre der Sonntagmorgen ohne ein neues Stückchen von mir? Gib es zu, du konntest es kaum erwarten. Oder etwa nicht? Wie auch immer, hier ist ein neuer Ausschnitt aus meinem aktuellen Projektes mit dem Arbeitstitel "Amanda und die Unmöglichkeit von Liebe". Ich bin gespannt auf dein Feedback und deine Anregungen. Natürlich wünsche ich dir auch wieder einen schönen Sonntag und viel Spaß.
Zum vorherigen SonntagsstückchenMelanie stellte die Schorle vor mir ab und ging zögerlich zurück zur Theke.
»Liebe, Frau Madison, entschuldigen Sie, dass ich Sie hier überfalle, aber unser letztes Gespräch endete so abrupt. Ich hatte das Gefühl, Sie haben die Dringlichkeit meines Anliegens nicht verstanden.« Boris Kolesnikow stand vor mir und beobachtete, wie ich, um Ruhe bemüht, das Glas mit der Schorle ergriff, zum Mund führte und so gelassen, wie möglich, daran nippte. Überraschend wenig zitternd stellte ich es wieder ab, wand mich mit einem Lächeln dem Russen zu und säuselte: »Ich habe Ihnen doch gestern schon gesagt, dass Sie sich irren. Ich bin nicht die Frau, die Sie suchen.« Ich drehte das Glas in meinen Händen und spürte der Kühle nach. »Es ist mir sehr unangenehm, dass Sie mich bis hierher verfolgen. Bitte verlassen Sie das Lokal.« Mir war nicht klar, woher ich diese Chuzpe nahm. Es musste etwas mit diesem Effekt zu tun haben, der in angespannten Situationen auftrat und Menschen über sich hinaus wachsen ließ. Wenn ich aber gehofft hatte, meinen Gegenüber dadurch zu beindrucken, konnte ich nicht enttäuschter sein. Boris Kolesnikow nickte seinem Bodyguard zu und der schob einen Stuhl an meinen Tisch, auf den sich sein Boss niederließ. Er lächelte mich an und hätte eine weiße Katze auf seinem Schoss gesessen, so wäre das Bild vollends stimmig gewesen. »Frau Madison, es tut mir weh, dass Sie mich für so dumm halten.«
Ich wollte etwas erwidern, aber er hob die Hand und ich hielt es für besser, meinen Gedanken nicht auszusprechen. »Frau Madison, ich weiß genau, wer Sie sind. Hören Sie auf mit diesen Spielchen. Meine Tochter ist ein sehr großer Fan und möchte, dass Sie bei ihrer Hochzeit dabei sind. Und was meine Prinzessin möchte, das bekommt sie von ihrem Papa.«
Melanie kam an unseren Tisch und stellte die Karottensuppe vor mir hin. Ich lächelte ihr zu. Ihr Blick wirkte aber keineswegs beruhigt. Ich nickte ihr deutlicher zu und sie ging zögerlich zurück zur Theke. Dann wandte ich mich dem Russen zu. Ich musste meine Taktik wohl ändern. Ehrlichkeit war angesagt. »Lieber, Herr Kolesnikow, Abigail Madison gibt es nicht. Es ist ein Pseudonym, eine Kunstfigur, die ich geschaffen habe, um meinen Leserinnen das zu geben, was sie sich wünschen. Niemand wünscht sich Amanda Schneider. Also, verstehen Sie, wenn ich zur Hochzeit Ihrer Tochter erschiene, würde sie das nicht freuen, sondern eher in Verzweiflung stürzen. Seien Sie ein liebender Papa und bewahren Sie Ihre Tochter davor. Sie können ihr doch sagen, Sie hätten Abigail Madison nicht gefunden.«
Das Gesicht des liebenden Papas zeigte, dass er nachdachte. Währenddessen bemerkte ich, dass sich die Tür zum Lokal öffnete und ein Mann in blauer Uniform eintrat. Melanie ging auf ihn zu, flüsterte ihm etwas ins Ohr und wieß auf mich. Dimitrij hatte dies ebenfalls bemerkt und tippte seinem Chef auf die Schulter. Der sah kurz zur Tür und dann wieder zu mir. »Unsere Unterhaltung wird leider unterbrochen. Bitte denken Sie noch einmal über mein Anliegen nach, liebe Frau Madison. Wir unterhalten uns später.« Er stand auf und folgte Dimitrij, der an dem Polizisten vorbei die Tür öffnete. Boris Kolesnikow nickte mir noch kurz zu, grüßte den Polizisten mit einer kurzen Bewegung der Hand zum Kopf und folgte seinem Bodyguard hinaus. Ich hatte da schon das Gefühl, es würde nicht unser letztes Zusammentreffen sein.
Zum nächsten Sonntagsstückchen
Das Buch zum Sonntagsstückchen
Du glaubst nicht an die Liebe? Dann rechne mit Überraschungen!
»Rote Rosen für den Lord« »Ein Schloss für Violetta« – so heißen die Liebesromane, die die Autorin Abigail Madison ihrer schmachtenden Fangemeinde präsentiert. Eine begeisterte Leserin will ihre Lieblingsautorin – sozusagen die Expertin für die Liebe – zu ihrer Hochzeit einladen. Doch das geht nicht, denn Abigail Madison gibt es gar nicht.
In Wahrheit produziert die mehr als abgeklärte Amanda Schneider die Schmonzetten unter Pseudonym, denn sie möchte ihre wahre Identität nicht preisgeben. Nur hat Amanda Schneider nicht mit dem Vater der Braut gerechnet, der seiner Tochter keinen Wunsch abschlagen kann. So sieht sich Amanda plötzlich gefesselt in einer Villa einem russischen Bodyguard gegenüber. Die Auseinandersetzungen mit dem verdammt gutaussehenden Bruder der Braut gestalten sich mehr als hitzig, bis sogar die wenig romantisch veranlagte Amanda einsehen muss: Die wahre Liebe gibt es doch.
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Fortgesetzt
Ich wollte die restlichen Sonntagsstückchen lesen, daher hier mein kurzer Kommentar:
"Überraschend wenig zitternd" - zuviele Wörter, um sich auf die Emotion zu konzentrieren.
Außerdem weiß ich nicht, ob die Dialoge zu perfekt sind - nicht alltagsnah genug, die Sprache betreffend. Die Dialoge wirken sehr beherrscht. Ich bin gespannt auf die folgenden Auszüge.
Ansonten finde ich die Situation noch immer sehr witzig, die Bemerkung mit der Katze bringt das Absurde auf den Punkt. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mit der Figur Angst haben soll. Es ist ungewöhnlich und lustig, aber nicht krampfhaft klamaukig. Das gefällt mir!