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Wenn man womöglich jahrelang an seinem Buch geschrieben hat und der letzte Satz vor einem prangt, ist dies ein ganz besonderer Moment. Durchaus vergleichbar mit der Geburt eines Kindes. Und ähnlich der Geburt schüttet der Körper auch beim letzten Satz eines Manuskripts ein Hormon aus, dass einen einfach alles lieben lässt, was man da vor sich sieht. Du setzt dich hin, liest dein Werk und findest es prima. Vielleicht gibt es ein paar Stellen, die noch nicht ganz rund sind, aber im Großen und Ganzen bist du begeistert. Doch das ist alles nur eine Täuschung.
Das klingt jetzt hart, aber du bist in diesem Moment nicht zurechnungsfähig. Du musst erst wieder zu dir kommen. Auf keinen Fall solltest du im Überschwang der Gefühle gleich die nächste Veröffentlichungsplattform im Internet aufsuchen und dein Werk der Allgemeinheit preisgeben. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn ich habe es erlebt. Mehrfach. Auch bei meinem aktuellen Buchprojekt »Killerin in Grefrath« ist es mir so ergangen. Ich dachte nämlich schon einmal, ich sei fertig. Doch dann musste ich feststellen, dass mein Werk schlecht war. Glücklicherweise hatte ich es da noch nicht veröffentlicht. Und bei den Testlesern entschuldige ich mich in aller Form.
Ich will dir nun sagen, woran ich gemerkt habe, dass mein Werk schlecht war, damit du dies für dich prüfen kannst.
1. Die Testleser sind zurückhaltend
Die ersten Testleser sind im Regelfall Menschen, die einem nahestehen. Auch bei mir sind es einige Freunde und Bekannte, von denen ich weiß, dass sie mir ihre ehrliche Meinung sagen. Allerdings hat dies seine Grenzen, denn sie wollen mich nicht verletzen. Daher sagen die Meisten nicht »Dein Buch ist grottenschlecht«. Sie drücken es netter aus. Wenn die Testleser nicht ihre völlige Begeisterung ausdrücken, dann kannst du davon ausgehen, dass dein Buch nicht gut ist. Ein Sonderfall besteht, wenn es sich um dein erstes Buch handelt. Dann musst du berücksichtigen, dass sie dir schon alleine deshalb Hochachtung entgegenbringen, weil du es überhaupt geschafft hast, ein Buch zu schreiben. Wenn dann bei der Bewertung nicht euphorische Sätze fallen, wie »Das ist so toll, du musst unbedingt mehr schreiben!«, dann solltest du skeptisch sein.2. Du bist unsicher, ob einzelne Szenen funktionieren
Du hast den Plot hundert Mal durchdacht und Szenen nach allen Regeln der Kunst aufgebaut. Doch jedes Mal wenn du diese Szenen liest, ziehst du die Luft tief durch die Nase ein und fragst dich, ob die Leser sie wohl verstehen werden. Dies ist ein Zeichen, dass du auf der Hut sein solltest, denn letztlich schreibst du für dich. Wenn du schon bei Teilen unsicher bist, dann ist die Gefahr groß, dass Dritte erst recht Probleme damit haben werden. Niemals solltest du dein Bauchgrummeln wegschieben und dich darüber hinwegsetzen. Nimm es zum Anlass, die Dinge zu durchdenken und arbeite so lange an diesen Szenen, bis du selbst ehrlich sagen kannst, dass sie dir gefallen.3. Dein Manuskript fesselt dich nach zwei Monaten nicht
Ich weiß, es ist unendlich schwer, sein gerade fertiggestelltes Manuskript zwei Monate beiseitezulegen und zu vergessen. Andere schlagen sogar längere Zeiträume vor. Mir fällt dies auch immer unendlich schwer, aber ich kann dir nur raten, dies zu tun. Wenn du einen gewissen Abstand hast, betrachtest du dein Werk mit ganz anderen Augen. Sollte es dich dann nicht von Beginn an packen, so dass du es gar nicht mehr aus den Händen legen willst, dann stimmt etwas nicht. Denn, wie schon gesagt, du bist die exakte Zielgruppe für dein Werk, und wenn es dich nicht im Tiefsten deines Herzens anspricht, dann wird es andere Leser gar nicht erreichen.Diese drei Faktoren sagen dir also, ob es gut ist
Achte genau auf die kleinen Zweifel und die Signale, die dir sagen, ob dein Werk reif ist, es der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es lohnt sich, denn nichts ist erschütternder, als erst von den Lesern zu erfahren, dass dein Werk nicht gut ist.Im Übrigen ist dies auch ein weiterer Aspekt, der es enorm wichtig macht, dass du dein Manuskript in ein professionelles Lektorat gibst, bevor du es veröffentlichst.
Ach ja, bei meinen bisherigen Büchern »Kick ins Leben« und »Rausgekickt: Blaue Vögel« standen alle Zeichen so, dass sie einfach gut sein mussten. Und so ist es auch.
Bei meinem Projekt »Killerin in Grefrath« habe ich glücklicherweise rechtzeitig bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Nun habe ich es vollständig neu gestartet und bis jetzt ein richtig gutes Gefühl. Aber das kann ja bekanntlich täuschen. Wir werden es sehen.
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