Schreiben 2 Kommentare
Wenn ich die Idee zu einer neuen Geschichte habe, dann brenne ich darauf, mit dem Schreiben beginnen zu können. Also lege ich los und stelle schnell fest, dass ich für einige Dinge weitere Informationen benötige. Ich muss recherchieren. Manchmal ist es mit einer einfachen Suche im Netz getan. Manchmal auch nicht. Dann ist mein Schwung ausgebremst.
Ich gebe zu, dass ich manchmal mit mir ringe, ob ich es nicht wie Haruki Murakami halten möchte, der mal ein Buch geschrieben hat, das in Finnland spielt, und sich dann bei einem späteren Besuch in Finnland gefreut hat, das Finnland genauso aussieht wie in seinem Buch. Es ist verlockend, nach rudimentärer Netzrecherche einfach loszuschreiben und im Zweifelsfall die künstlerische Freiheit für sich zu reklamieren. Schließlich machen sie das im Fernsehen doch auch so. Polizeiarbeit wird dort beispielsweise nie so dargestellt, wie sie wirklich ist.
Das Problem liegt bei dieser Vorgehensweise für mich darin, dass ich ja weiß, wo ich nicht genau nachgefragt habe, und sollte dies später von einer Leserin oder einem Leser kritisiert werden, träfe mich dies umso mehr. Letztlich kann man die Realität nur dann zu seinen Gunsten biegen, wenn man sie kennt. Andernfalls ist Gefahr sehr groß, sich kolossal zu blamieren. Ich komme also letztlich nicht um Recherche herum.
Dies einmal akzeptiert, kann ich der Recherche dann auch durchaus schöne Seiten abgewinnen. Zum einen lernt man natürlich viel dabei. Oftmals gewinne ich bei der tieferen Beschäftigung mit einem Thema neue Einsichten, die dann auch meine Geschichte bereichern. Die Rechercheergebnisse liefern mir auch immer wieder unterhaltsames Material für meine Lesungen. Ich erzähle beispielsweise immer gerne die Geschichte, wie ich verschiedene Polizeiwachen aufgesucht habe, um mehr über die Abläufe bei Mordermittlungen zu erfahren.
Recherche ist sogar hilfreich für das Marketing. Für »Liebe vertagen, Mörder jagen« musste ich zum Beispiel herausfinden, welche Betäubungsmittel man in Zahnarztpraxen verwendet, wie lange sie wirken und wie sie verabreicht werden könnten. Ich musste auch wissen, wie es ist, auf einem Zahnarztstuhl gefesselt zu sein. Ich rief in meiner Zahnarztpraxis an und konnte mal auf einen Zahnarztstuhl probeliegen und simulieren, wie es sein würde. Natürlich weiß nun jeder in der Praxis, was ich schreibe und es ist jedes Mal ein großes Hallo, wenn ich komme.
Für »Tote machen Träume wahr« musste ich die Wirkungsweise eines Herzmittels in Erfahrung bringen. Also fragte ich in meiner Stammapotheke nach. Die Damen waren sehr hilfreich. Es stellte sich als ziemlich schwer heraus, die letale – sprich: tödliche – Dosis eines Herzmittels in Erfahrung zu bringen. Aber wir haben es herausbekommen. Auf jeden Fall werde ich jetzt immer sehr nett begrüßt, wenn ich in die Apotheke komme.
Recherche macht also durchaus auch Spaß. Auch wenn es den ersten Impuls, mit dem Schreiben loslegen zu wollen, bremst. Aber ich weiß, dass es auch Autorinnen und Autoren gibt, die die Recherche lieben. So hat jeder seine Herangehensweise.
Ach ja, für mein kommendes Projekt suche ich übrigens Kontakt zu Menschen aus Argentinien. Über sachdienliche Hinweise oder eure Erlebnisse rund um die Recherche freue ich mich. Gleich unten in einen Kommentar setzen.
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Hallo Anni,
da hast du absolut Recht. Wenn man denn dann in die Recherche eintaucht, gibt es viele neue und bereichernde Erkenntnisse. Das durfte ich auch schon erleben. Dennoch fällt es mir schwer, mich im Schreiben zu bremsen und erst mal auf Recherche zu gehen. Ist für mich manchmal auch ein Angang, irgendwelche fremden Leute anzusprechen. Schiebe ich gerne vor mir her.
Herzlichen Gruß,
Vera